Im Rahmen des Drittmittelprojekts „MAM|MUT“ präsentiert das Museum der Universität Tübingen MUT in Kooperation mit der Universitäts Hautklinik Tübingen die Sonderausstellung „Krankheit als Kunst(form) – Moulagen der Medizin“. Moulagen sind Wachsabgüsse von Körperteilen, auf denen sich Krankheitssymptome zeigen. Der Mouleur formte sie direkt von der Haut eines Patienten ab. Die kunstvoll gestalteten Objekte wurden vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Lehrbetrieb eingesetzt und dienten außerdem der medizinischen Forschung. Die Tübinger Moulagen zeigen zum Teil nicht mehr existierende Krankheiten
oder Krankheitsstadien in verschiedenen Ausprägungen und
einer oft schonungslosen naturgetreuen Detailgenauigkeit. Das Zusammenspiel von Wissenschaft, Kunst und Handwerk in den ehemaligen Lehrmitteln steht im Zentrum der Ausstellung: Die Mouleure werden als Künstler und die Moulagen als Kunstwerke präsentiert. Ihre Ursprünge, Fertigung und Verwendung in Tübingen werden hier erstmals beleuchtet und mit einer wissenschaftlichen Publikation dokumentiert.
Bereits um 1800 entstanden in Tübingen erste anatomische Wachsmodelle. Der bekannte Mediziner Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth und der – bislang unbekannte – Kunstverleger Wilhelm Friedrich Haselmayer arbeiteten dabei zusammen, um mit wechselnden Künstlern medizinische Präparate zu fertigen. So begann in Tübingen die erste serielle Produktion von anatomischen Modellen im deutschsprachigen Raum. Die Moulagen stammen aus der ehemaligen Tropenklinik des DIFÄM (Deutsches Institut für Ärztliche Mission) und der Universitäts-Hautklinik. Die Sammlung des DIFÄM wurde vom Tropen-Mediziner Gottlieb Olpp angelegt und aktiv für Lehre und Forschung genutzt. Sie galt damals vielen als „wertvolles Schmuckkästlein“. Paul Linser war der Begründer der Dermatologie in Tübingen. Er bestellte die ersten Moulagen in Breslau und initiierte eine Moulagen-Produktion in Tübingen, die mit dem Namen Martha Schiler verbunden ist.