Die deutschen Universitäten haben erst spät damit begonnen, Kinder- und Jugendliteratur systematisch zu sammeln. Die heutigen Bestände historischer kinder- und jugendliterarischer Werke sind deshalb häufig in Sondersammlungen zu finden, die durch Schenkungen privater Sammler begründet wurden. Das trifft auch für die Sammlung historischer Kinder- und Jugendliteratur der Georg-August-Universität Göttingen zu. Sie verfügt über einen Bestand von insgesamt etwa 35.000 Bänden vom frühen 18. bis zum späten 20. Jahrhundert sowie eine Vielzahl von Sekundärliteratur.
Der Sammlungsschwerpunkt liegt insbesondere im frühen 20. Jahrhundert, in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. Diese Epochen deckt insbesondere die Sammlung Sigrid Wehners (*1931) ab. Für den Zeitraum 1925–1945 hat die Sammlerin versucht abzubilden, was ihrer Generation als Lektüre zur Verfügung stand und dabei ca. 18.000 Bände zusammengetragen. In der Sammlung Wehner finden sich auch besonders selten öffentlich archivierte Druckerzeugnisse wie Groschenromane und Werbebroschüren für Kinder.
Die bedeutende Sammlung des Hannoveraner Politikprofessors Jürgen Seifert (1928–2005) verfügt über etwa 11.500 Titel, welche die Entwicklung der Kinderliteratur von ihren Anfängen bis in die frühen 1990er Jahre spiegeln. Damit umfasst die Sammlung Seifert die gesamte Bandbreite des kinderliterarischen Spektrums seit der Aufklärungszeit, setzt aber Schwerpunkte auf Märchenliteratur und die Zeit des Nationalsozialismus. Ferner finden sich in der Sammlung teils sehr seltene Bilderbücher sowie Kriegs- und Pop-Up-Bücher.
Auch die Sammlung des Einbecker Superintendenten Karl Vordemann (1850–1931) enthält viele reich illustrierte Kinder- und Jugendbücher vom frühen 18. Jahrhundert bis in die 1920er Jahre. Gesammelt wurden insbesondere Mädchenbücher, belehrende Schriften und erzählende Kinder- und Jugendliteratur.
Ergänzt werden die drei historischen Sammlungsbestände durch die Arbeitsbibliothek des Kinder- und Jugendbuchforschers Malte Dahrendorf (1928–2008). In seinem Nachlass finden sich Werke aus dem Zeitraum der jungen Bundesrepublik bis in die frühen 2000er. Die Bibliothek Dahrendorf bildet damit die jüngere Entwicklung der Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland exemplarisch ab und legt dabei einen deutlichen Schwerpunkt auf sozial engagierte Erzählwerke und Reihen wie rororo.
Wegen ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung eignen sich die Sammlungen besonders für interdisziplinäre Zusammenarbeit und bieten nicht nur der Literaturwissenschaft und der Fachdidaktik, sondern auch den Geschichts-, Kunst- und Politikwissenschaften, der Soziologie und Kulturanthropologie eine reiche Quelle an Forschungsmaterial. Da die Sammlung das Konzept einer Teaching Library verfolgt, ist es möglich, auch in Gruppen direkt in ihren Räumlichkeiten zu arbeiten, so dass Forschung und Lehre vernetzt werden.
Objektgattung | Objekte insgesamt | Dokumentiert | Digitalisiert | Online verfügbar |
---|---|---|---|---|
Allgemein | 10 | 5 | ||
Gedrucktes Schriftgut | 35000 | 20000 | ||
Manuskript | 50 | 30 | ||
Tonträger | 20 | 20 |
Öffnungszeiten im Semester:
Mo–Do 12-14 Uhr
In den Semesterferien:
Dienstag und Mittwoch 12-14 Uhr
sowie nach Absprache