Die neuen informatisch-technischen Möglichkeiten und die zunehmende Verfügbarkeit digitaler Daten verändern die Prozesse der geisteswissenschaftlichen Forschung und Wissensproduktion. Noch weitgehend offen ist die Frage, wie sehr sie den epistemischen Kern von Wissenschaft verändern werden. Die Vorstellung, dass der Einsatz digitaler Werkzeuge und Algorithmen nur die Bearbeitung größerer Datenmengen erleichtern würde, ohne dass dies epistemologische Implikationen hätte, greift zu kurz.
Das übergeordnete Ziel dieser Förderrichtlinie ist es, ein tieferes Verständnis der neuen digitalen Forschungsmöglichkeiten zu erlangen sowie die digitalen Geisteswissenschaften theoretisch, methodisch und technisch weiterzuentwickeln.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert deshalb interdisziplinäre Forschungsprojekte, die eine konkrete, anspruchsvolle geisteswissenschaftliche Forschungsfrage bearbeiten und dabei reflektieren und explizieren, wie geisteswissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden. Darauf aufbauend sollen sie aufzeigen, welche grundlegenden epistemologischen und methodischen Veränderungen die digitalen Forschungsmöglichkeiten auch für die Geisteswissenschaften mit sich bringen. Dies soll in Rückgriff auf und in Weiterentwicklung von bestehenden geisteswissenschaftlichen Theorien erfolgen.
Bislang waren zumeist Texte Untersuchungsgegenstand von Forschungsprojekten der digitalen Geisteswissenschaften. Diese Richtlinie möchte das Potential der Digitalisierung für ganze Gruppen benachbarter Fächer stärken und sich neuen Herausforderungen auch jenseits der klassischen Quellen stellen. Daher stehen nicht-textfokussierte und multimodale Untersuchungsgegenstände (Bild, Film, Ton usw. sowie Kombinationen davon) im Zentrum dieser Richtlinie sowie Untersuchungsgegenstände, die von der konkreten vorgeschlagenen Forschungsfrage abgesehen Anknüpfungsmöglichkeiten für weitere Disziplinen eröffnen.